Vier Zuschlagsmarken des Jahres 1953 weckten bei den Berlinern falsche Hoffnungen

Dieser Artikel ist erschienen im Briefmarkenspiegel 05/2018. Verfasser : Dr. Hartmut Paetzold

Am 9. August 1953 gab die Landespostdirektion Berlin vier Zuschlagsmarken heraus, die dem Wiederaufbau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gewidmet waren (MiNr. 106/09). Die Werte zu 4 + 1 und 10 + 5 Pfennig zeigen das Bauwerk vor, die Marken zu 20 + 10 und 30 + 15 Pfennig nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Die Briefmarke zu 4 + 1 Pfennig war für Inlandsdrucksachen der ersten Gewichtsstufe bestimmt und hat den kleinsten Zuschlagsbetrag deutscher Postwertzeichen.

Angesichts der verkauften Stückzahlen hielt sich das Gesamtaufkommen aus den Zuschlagserlösen doch in recht engen Grenzen und stand auch in keinem Verhältnis zu den geschätzten Kosten des Wiederaufbaus. Letztlich wurde der Wiederaufbauplan nicht realisiert. Die Entscheidung fiel zugunsten einer Sicherung der Ruine und deren künftiger Funktion als Mahnmal gegen die Schrecken des Krieges, also gegen einen umfassenden Wiederaufbau (siehe auch die Dauermarke Berlin MiNr. 144). Jedoch wurde neben der Ruine eine Kirche in sehr moderner Form errichtet, der die Berliner unter anderem den Spitznamen „Gasometer“ verpassten (Berlin MiNr. 254). An dem Betonbau mit seinen blauen Glasbausteinen und dem separaten Glockenturm hinter der Ruine schieden sich von Anbeginn die Geister. Der Entwurf stammt von keinem Geringeren als dem bekannten Architekten Egon Eiermann (1904-1970, siehe Bund MiNr. 2421 mit der Abbildung der alten und der neuen Kirche).

Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vor und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.

 

 

Die Zuschlagsserie hat philatelistisch eine recht wechselvolle Karriere vorzuweisen. Die Marken wurden zeitweise hoch gehandelt, vor allem der Wert zu 10 + 5 Pfennig. Dann gelangten jedoch riesige postfrische Spekulationsposten auf den Markt, die einen rasanten Preisverfall nach sich zogen, von dem sich die Serie nie wieder erholt hat. Heute lässt sich der komplette Satz postfrisch für kleines Geld erwerben.

Nach der Realisierung des geänderten Wiederaufbaukonzepts blieb die Ruine der alten Gedächtniskirche erhalten, derweil daneben ein von Egon Eiermann gestalteter Neubau mit separatem Glockenturm entstand.

 

 

Wesentlich besser werden gestempelte Sätze bewertet. Wegen der starken Fälschungsgefahr sollte der Sammler geprüften Stück den Vorzug geben. Entwertungen mit Berlin-Stempeln sind beliebter als solche mit Bund-Stempeln.

MiNr. 107 und 108 wurden jeweils auf amtlichen FDC I und II für 25 beziehungsweise 40 Pfennig verkauft. Beide Umschläge bewertet der Michel heute mit 160 Euro. Auch kommen alle vier Marken auf dem amtlichen FDC III vor (Michel-Wert 400 Euro).

Gesucht sind Einzel- und vor allem Mehrfachfrankaturen mit diesen Wertzeichen, speziell Mehrfachfrankaturen der Werte zu 20 + 10 und 30 + 15 Pfennig, die hoch gehandelt werden. Auch hier ist eine Prüfung anzuraten. Die Notierungen im Michel-Katalog Briefe Deutschland gelten nur für geprüfte Belege. Das Porto für einen Auslandsbrief bis 20 Gramm erhöhte sich am 1. Juli 1954 von 30 auf 40 Pfennig, die Einschreibgebühr von 40 auf 50 Pfennig, sodass verschiedene Portoperioden mit dem Satz dokuemntiert werden können. Die vier Zuschlagsmarken waren bis 31. Dezember 1955 frankaturgültig, ebenso wie die drei Berliner Glocke-Sätze.

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